Wie wird Hypoadrenokortizismus diagnostiziert?

Anamnese & Allgemeinuntersuchung

Zu Beginn kann es sein, dass der Hund nur in Stresssituationen Symptome zeigt.

Routine-Blutuntersuchung

Hunde mit Morbus Addison haben meist ein erniedrigtes Natrium/Kalium-Verhältnis (< 27).
Dabei ist zu beachten, dass normale Natrium- und Kaliumkonzentrationen Morbus Addison
nicht ausschließen.

 

Verfahren & Untersuchung

Bildgebende Verfahren (Röntgen, Ultraschall) sowie eine EKG-Untersuchung können
weitere Hinweise geben.

ACTH-Stimulationstest (Goldstandard) 

Der ACTH-Stimulationstest prüft, ob die Nebenniere in der Lage ist, Cortisol zu bilden.

Das Fehlen eines Stressleukogramms bei einem kranken Patienten und das Vorliegen einer Lymphozytose oder Eosinophilie sollte Addison in der Liste der Differentialdiagnosen nach oben bringen. 

Bitte beachten: Alle Werte können noch innerhalb des Referenzbereiches liegen. Es ist wichtig, alle Parameter zu betrachten – auch wenn sie noch als „normal" gelten. Einige Hunde können eine nicht-regenerative Anämie zeigen, die durch eine Dehydrierung maskiert werden kann.

Hunde mit Morbus Addison haben meist ein erniedrigtes Natrium/Kalium-Verhältnis (< 27). Dabei ist zu beachten, dass normale Natrium- und Kaliumkonzentrationen Morbus Addison nicht ausschließen. Außerdem gibt es weitere Krankheitsprozesse, die das Natrium/Kalium-Verhältnis senken können – was es zu einem unspezifischen Befund macht. 

Die diagnostische Spezifität erhöht sich, je niedriger das Natrium/Kalium-Verhältnis ist 3,4:
⇒ Spezifität von 96 % bei Na/K-Quotienten < 24
⇒ Spezifität von 100 % bei Na/K-Quotienten < 23


Der Cortisol-Spiegel schwankt im Tagesverlauf erheblich. Eine einmalige Cortisol-Messung eignet sich nur zum Ausschluss von Morbus Addison, nicht zur Diagnosestellung.

Cortisol-Werte > 55 nmol/l (> 2,0 μg/dl) schließen Morbus Addison sehr wahrscheinlich aus.

Typischerweise haben Hunde mit Hypoadrenokortizismus ein spezifisches Gewicht des Urins (USG) von <1,030. Das Vorhandensein von Azotämie, erhöhtem Phosphat und niedrigem USG bei einem kranken Patienten kann auf akutes Nierenversagen hindeuten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit spezifischer endokriner Tests in diesen Fällen, ohne die es schwierig sein kann, eine eindeutige Diagnose zu stellen.

Weisen die Ergebnisse aus Anamnese, Allgemeinuntersuchung und Laboruntersuchung auf einen Hypoadrenokortizismus hin, wird die Diagnose mit einem endokrinen Tests bestätigt. 

Der ACTH-Stimulationstest ist der Goldstandard zur Diagnose des Hypoadrenokortizismus bei Hunden.
 

Durchführung des ACTH-Stimulationstest

  1. Entnahme der ersten Blutprobe zur Messung des basalen Cortisol-Wertes unmittelbar vor der Injektion des synthetischen ACTH Tetracosactid (Cosacthen®). 
     
  2. Injektion von Cosacthen® intravenös und intramuskulär in einer Dosierung von 5 µg/kg (0,02 ml/kg). 
     
  3. Zweite Blutentnahme zur Messung des stimulierten Cortisol-Wertes 60 bis 90 Minuten nach der Injektion von Cosacthen®.

 

 


Post-ACTH Cortisol-Werte < 55nmol/l (< 2 µg/dl) gelten als nicht adäquat stimulierbar und damit als positiv.
Meist sind die prä- und post-ACTH gemessenen Cortisol-Werte < 27 nmol/l (< 1µg/dl).

Bitte beachten Sie die jeweiligen Referenzbereiche Ihres Labors.

 

Falsch positive Ergebnisse ds ACTH-Stimulationstest

Die Verabreichung von Glukokortikoiden vor der Durchführung einer ACTHST kann zu falsch positiven Ergebnissen führen. Dies sollte bei der Anamnese abgefragt werden. Selbst eine geringe Mengen an Glukokortikoiden kann zu einer Unterdrückung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrindenachse und damit zu einem falsch positives Ergebnis im ACTH-Stimulationstest führen. Das umfasst die orale Gabe von Glukokortikoide, injizierbare Präparate und auch topische Therapien (Augensalben, Ohrtropfen etc.).
 

Zusammenfassung der Diagnose
 

*Beachten Sie die Referenzbereiche Ihres Labors

„typischer” und „atypischer“ primärer Hypoadrenokortizismus

Das  ALIVE-Komitee der European Society of Veterinary Endocrinology (ESVE) definiert diese „atypische“ Form als eunaträmischen, eukalämischen Hypoadrenokortizismus. Die betroffenen Hunde zeigen die gleichen Anzeichen von primärem hAK. Die charakteristischen Veränderungen der Elektrolyte liegen jedoch nicht vor. Andere unspezifische biochemische Befunde wie Hypocholesterinämie und Hypalbuminämie können auf die Erkrankung hinweisen, aber die Diagnose ist in diesen Fällen schwieriger.

„typisch“: hAK mit Elektrolytverschiebungen

  • niedriger Cortisol-Spiegel
  • Elektrolytverschiebungen (Hyperkaliämie, Hyponatriämie)

ca. 70 %

„atypisch“: hAK ohne Elektrolytverschiebungen

  • niedriger Cortisol-Spiegel
  • keine Elektrolytverschiebungen

ca. 30 %

Normale Kalium- und Natrium-
konzentrationen können trotz Aldoseron-Mangel vorkommen!

Durch physiologische Kompensationsmechanismen kann Kalium Aldosteron-unabhängig über die Niere ausgeschieden werden.

Zudem kann die immunmediierte Zerstörung der Nebennierenrinde zu Beginn auf die Zona reticularis/fasciculata beschränkt sein und erst später auf die Zona glomerulosa übergreifen.

ca. 15 %

der zunächst atypisch erkrankten Hunde entwickeln im weiteren Verlauf Elektrolytverschiebungen1.

Mehr zu Morbus Addison ohne Elektrolytverschiebungen
lesen Sie im Fallbericht „Mira“.
 

Es wird empfohlen, in diesen Fällen sowohl Aldosteron als auch endogenes ACTH zu messen.

Messung von endogenem ACTH

Wie bereits erwähnt, gibt es zwei Formen von Hypoadrenokortizismus. Klinische Symptome können aufgrund einer Insuffizienz der Nebenniere selbst (Primärerkrankung) oder aufgrund einer mangelnden Stimulation durch die Hypophyse (Sekundärerkrankung) auftreten. 

Die Messung von endogenem ACTH (eACTH) ermöglicht die Differenzierung zwischen primärem und sekundärem Hypoadrenokortizismus.

 

Aldosteron-Messung

Um zu wissen, ob ein Hund in der Lage ist, Mineralokortikoide zu produzieren, wird Aldosteron im ACTH-Stimulationstest gemessen. 

 

Hypoadrenokortizismus des Hundes –
Diagnose und Problemzonen bei der Diagnose

 

Hypoadrenokortizismus des Hundes –
Diagnose und Problemzonen bei der Diagnose

Quellen:

  1. Fallbericht „Mira“ Morbus Addison ohne Lektrolytverschiebungen Astrid Wehner 09/2021
  2. Hauck C, Schmitz SS, Burgener IA, et al. Prevalence and characterization of hypoadrenocorticism in dogs with signs of chronic gastrointestinal disease: A multicenter study. J Vet Intern Med. 2020;1–7.
  3.  Adler, J. A, Drobatz, K. J & Hess, R. S (2007) Abnormalities of serum electrolyte concentrations in dogs with hypoadrenocorticism. Journal of Veterinary Internal Medicine / American College of Veterinary Internal  Medicine, 21(6), 1168–1173
  4. Seth, M et al (2011) White blood cell count and the sodium to potassium ratio to screen for hypoadrenocorticism in dogs. Journal of Veterinary Internal Medicine/ American College of Veterinary Internal Medicine,  25(6), 1351–1356
  5. Baumstark, M.E et al (2014) Use of plasma renin activity to monitor mineralocorticoid treatment in dogs with primary hypoadrenocorticism: desoxycorticosterone versus fludrocortisone. Journal of Veterinary Internal Medicine 28(5): 1471-8
  6. E.C. Feldman et al: Canine & feline endocrinology 4th edition p.508
  7. Therapy of primary hypoadrenocorticism in dogs with low dose desoxycorticosterone pivalate“ Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere 2020 Jun;48(3):171-175
  8. Sieber-Ruckstuhl: Addison‘s disease: management and monitoring (ESVE Summer School 2022)
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