Therapie der akuten Nebennierenkrise​

Eine Nebennierenkrise ist ein lebensbedrohlicher Notfall!

Infusionstherapie

  • Schock: Bolus: 20-30 ml/kg über 10 Minuten IV
     bis Perfusionsparameter normalisiert
     wiederholte Boli bis zu 3-mal möglich

  • Nach Stabilisation: Erhaltungsbedarf (2 mL/kg/h) + Korrekturbedarf Dehydratation (x % * kg * 10) + Korrekturbedarf laufende Verluste (Erbrechen, Durchfall) über 12 – 24 h

  • Bei schwerer Hyponatriämie (Na+ < 125 mmol/l) schnelle Korrektur des Natrium-Spiegels vermeiden (Gefahr einer zentralen pontinen Myelinolyse).
    ⇒ Natriumanstieg max. um 10-12 mmol/l/24 h (0,5 mmol/l/h) empfohlen

  • Kristalloide Vollelektrolytlösungen wie Ringer-Acetat- und Ringer-Laktat-Lösung sind gut geeignete Infusionslösungen.Der Einsatz von 0,9 %iger NaCl-Lösung ist ebenfalls möglich. Aufgrund des hohen Natriumgehalts wird sie allerdings entgegen früheren Empfehlungen nicht mehr als Hauptinfusionslösung empfohlen. Zudem enthält sie keinen Puffer.

  • Überwachung der Natriumkonzentration wird alle 6-8 Stunden empfohlen.

Behandlung der Hyperkaliämie

  • In den meisten Fällen sinken die Kaliumkonzentrationen schnell durch die Infusionstherapie.

  • Eine EKG-Überwachung ist in schweren Fällen ratsam. EKG-Veränderungen bei Hyperkaliämie:
    Abflachung und Verbreiterung der P-Welle, P verschwindet,
    verlängertes PQ-Intervall,
    QRS-Komplexe breit und bizarr,
    hohe und zeltförmige EKG-Welle,
    Bradykardie, Herzstillstand

    Achtung: Die EKG-Befunde korrelieren nicht immer mit dem Kalium-Spiegel.

  • Kalium 5,5-7 mmol/l: Infusion ohne Kaliumzusatz

  • Kalium > 7 mmol/l: 0,5 g/kg Glukose IV verdünnt, max. 20 %-ig bei peripher-venöser Applikation.

  •  Bei Hyperkaliämie und EKG-Veränderungen:
    ⇒ Calcium-Glukonat 10 % 1 ml/kg IV, langsam über 10 Minuten unter EKG-Kontrolle.

    Verändert das Serum-Kalium nicht, aber blockt die Wirkung von Kalium am Herzmuskel für 20-30 Minuten und verschafft Zeit für andere Therapiemaßnahmen.

  • Überwachung der Kaliumkonzentration wird alle 6-8 Stunden empfohlen.

Glukokortikoid-Behandlung (ACTH-Stimulationstest davor durchführen)

  •  Start (Akuttherapie):
    ⇒ Dexamethason 0,1-0,2 mg/kg 1x tgl. IV

  •  Nach Stabilisierung (orale Therapie ist möglich):
    ⇒ Prednisolon 0,5 mg/kg 1x tgl. PO, dann ggf. Reduktion auf 0,25 mg/kg 1x tgl. PO

Der ACTH-Stimulationstest und ggf. die eACTH-Bestimmung sollten unbedingt vor der Glukokortikoid-Verabreichung durchgeführt werden, sofern es der klinische Zustand des Hundes erlaubt.

Korrektur der Azidose

  • Die Infusionstherapie stellt normalerweise das Säure-Basen-Gleichgewicht wieder her.

Mineralokortikoid (Zycortal®)-Behandlung

  • Erst starten, wenn Patient stabil und hydriert ist. Idealerweise sollte die Natriumkonzentration > 135 mmol/l betragen.

  • Die Anfangsdosis von Zycortal® beträgt 2,2 mg/kg KGW SC.

  • Münch et al. (2020)7 zeigten, dass auch eine Initial-Dosis von 1,5 mg/kg KGW SC möglich ist.

Weiteres

  • Im Falle einer Hypoglykämie sollte dem Patienten intravenös Glukose verabreicht werden. Nach initialem Glukosebolus empfiehlt sich eine Dauertropfinfusion einer mit 5 % Glukose angereicherten Vollelektrolytlösung. Es sind regelmäßige Kontrollen der Blutglukosekonzentration und eine entsprechende Anpassung der Glukosesupplementierung erforderlich.

  • Je nach den klinischen Befunden kann die weitere symptomatische Therapie eine Anti-Emesis, Gastroprotektion und Analgesie umfassen.

  • In seltenen Fällen ist aufgrund gravierender gastrointestinaler Blutungen eine Bluttransfusion nötig.

Erhaltungstherapie

  • Sobald sich der Hund stabilisiert hat und die Diagnose gestellt ist, kann die Erhaltungstherapie mit Zycortal® und Prednisolon eingeleitet werden.

  • Prednisolon ist das ideale Glukokortikoid für die Erhaltungstherapie und ist bei allen mit Zycortal® behandelten Hunden erforderlich.

Diagnose und Therapie

Mehr Informationen zur Diagnose und Therapie finden Sie
in der Zycortal Broschüre:

Hypoadrenokortizismus (Morbus Addison) beim Hund
Der versteckten Krankheit auf der Spur.
 

zur Broschüre


 

 

Prognose

Die Prognose für einen Hund mit Morbus Addison ist mit einer gut eingestellten Therapie sehr gut. Der Patient kann damit eine normale Lebenserwartung bei guter Lebensqualität haben. 

Morbus Addison bei Katzen?

Mehr zu den Symptomen, der Diagnostik und der Therapie von Hypoadrenokortizismus bei Katzen
lesen Sie im Fallbericht von Kartäuser Kater Mio.

Quellen:

  1. Fallbericht „Mira“ Morbus Addison ohne Lektrolytverschiebungen Astrid Wehner 09/2021
  2. Hauck C, Schmitz SS, Burgener IA, et al. Prevalence and characterization of hypoadrenocorticism in dogs with signs of chronic gastrointestinal disease: A multicenter study. J Vet Intern Med. 2020;1–7.
  3.  Adler, J. A, Drobatz, K. J & Hess, R. S (2007) Abnormalities of serum electrolyte concentrations in dogs with hypoadrenocorticism. Journal of Veterinary Internal Medicine / American College of Veterinary Internal  Medicine, 21(6), 1168–1173
  4. Seth, M et al (2011) White blood cell count and the sodium to potassium ratio to screen for hypoadrenocorticism in dogs. Journal of Veterinary Internal Medicine/ American College of Veterinary Internal Medicine,  25(6), 1351–1356
  5. Baumstark, M.E et al (2014) Use of plasma renin activity to monitor mineralocorticoid treatment in dogs with primary hypoadrenocorticism: desoxycorticosterone versus fludrocortisone. Journal of Veterinary Internal Medicine 28(5): 1471-8
  6. E.C. Feldman et al: Canine & feline endocrinology 4th edition p.508
  7. Therapy of primary hypoadrenocorticism in dogs with low dose desoxycorticosterone pivalate“ Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere 2020 Jun;48(3):171-175
  8. Sieber-Ruckstuhl: Addison‘s disease: management and monitoring (ESVE Summer School 2022)
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